Menschen von oben fotografiert, die an einem Tisch sitzen.

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Dass ein CRM (Customer Relationship Management) weitaus mehr ist als ein Tool für E-Mail-Kampagnen, sollte mittlerweile den Meisten bewusst sein. Als mehrjährige Beraterin für die Digitalisierung in der Hotellerie möchte ich euch zeigen, dass eine Branche mit derartig vielen Touchpoints, Kundendaten und digitalen Systemen größere Probleme mit dem Erhalt und Ausbau ihrer Kundenbeziehungen hat, als ihr das auf den ersten Blick vermuten würdet.

Um die Probleme der (Ketten-)Hotellerie hinsichtlich eines CRM zu verstehen, sollten wir uns zunächst die IT-Infrastruktur einer klassischen Hotelkette anschauen.


IT Infrastruktur Hotel (https://revenue-hub.com/hospitality-connectivity-landscape-choosing-solutions-for-your-hotel/)

Wie Property-Management-Systeme in der Hotellerie zu Einsatz kommen

Ein Hotel kann nicht ohne ein Property-Management-System (PMS) auskommen. Hier werden alle Verfügbarkeiten und Raten der einzelnen Zimmertypen verwaltet. Die Global CRM Study von h2c aus dem Jahr 2019 zeigt, dass 52% der Hotelketten ihre Gastdaten im PMS speichern. Dazu gehören Stammdaten, wie zum Beispiel die Kontaktdaten des Gastes und seine Präferenzen. Angeschlossen an das PMS ist das Central Reservation System (CRS – oft in Kombination mit einem Channel Manager), welches für eingehende Reservierungen zuständig ist. Das CRS ist oft eine Multi-Property-Lösung. Das heißt, die einzelnen Property-Management-Systeme der jeweiligen Hotels sind an ein CRS der Hotelkette angeschlossen. Das PMS schickt via API die Raten und Verfügbarkeiten an das CRS, welches diese an die unterschiedlichen Vertriebskanäle weiterleitet. Die eingehenden Buchungen werden im CRS verarbeitet und an das jeweilige PMS geschickt. Hier werden die Verfügbarkeiten minimiert und wiederum als Update an das CRS gesendet.

Die verschiedenen Vertriebskanäle setzen sich aus den direkten und den indirekten zusammen. Ich bin mir sicher, dass jeder von euch bereits Berührungspunkte mit den meisten dieser Kanäle hatte.

Zu den direkten Kanälen zählen

  • die Walk-ins, die direkt im PMS eingebucht werden können und
  • die Internet Booking Engine (IBE) – also das eCommerce-System der hoteleigenen Website.

Zu den indirekten Kanälen zählen

  • die Online Travel Agencies (OTAs), wie Expedia oder Booking.com,
  • die Metasearch-Seiten wie Trivago oder
  • seit kurzem Google Hotel Ads, die für euch das günstigste Angebot finden.

Zusätzlich gibt es noch die Global Distribution Systems (GDS), über die die verschiedenen Reisebüros und Corporate Travel Agents Zimmer buchen können. Ihr merkt schon, dass es allein für den Vertrieb von Hotelzimmern diverse Kanäle und Systeme gibt.

Wie oben in dem Schaubild zu erkennen ist, sind auch an das PMS wiederum viele verschiedene Systeme angeschlossen, die einen reibungslosen Ablauf des Hotelaufenthalts garantieren sollen. Die meisten dieser Systeme sind oft on-premise – nur einige kleinere Anbieter bieten diese Systeme als komplette Cloud-Lösung an. Generell ist festzuhalten, dass die meisten Hotelketten einen PMS-zentrierten Ansatz fahren, wobei Gastdaten im PMS, im CRS oder im bisher eher vernachlässigten CRM gespeichert werden können. Aus der bereits zitierten Studie geht ebenfalls hervor, dass 2019 nur 29% der Hotelketten ihre Gastdaten in einem CRM gespeichert hat. Der Trend zeigt, dass diese Zahl steigend ist. Doch woran liegt diese Zurückhaltung gegenüber einem CRM-zentrierten Ansatz in der Kettenhotellerie, wenn doch alle Akteure seit Jahren „Data is key“ predigen?

Viele verschiedene Touchpoints fordern die Hotelbranche heraus

Die fragmentierte IT-Infrastruktur in der Hotellerie und die daraus resultierenden Datensilos, die seit Jahren fleißig gefüttert werden, machen einen Umschwung auf einen neuen Ansatz – nämlich hin zu einem gastzentrierten Denken – schwierig. Hoteliers fürchten den Verlust von mühselig angesammelten Gastdaten. Diese Ängste sind nicht unbegründet, denn bevor Hoteliers die Gastdaten für eine verbesserte Guest Experience nutzen können, müssen diese bereinigt werden und das klingt einfacher, als es in der Praxis ist. Durch die verschiedenen Vertriebskanäle gibt es viele Touchpoints, die Gastdaten liefern. Die Qualität dieser Daten ist aber stark abhängig von dem jeweiligen Vertriebskanal.

Während ein Hotelier die Datengenerierung auf den direkten Kanälen durch entsprechende Formulare oder Fragen relativ einfach selbst festlegen kann, wird das bei den indirekten Kanälen deutlich schwieriger. So übermitteln OTAs wie Booking.com oder Expedia noch nicht einmal die E-Mail-Adresse des Gastes. Wie soll nun ein sauberer Prozess angestoßen werden, bei dem die eintreffenden Daten mit der bestehenden Datenbank (ganz gleich, wo diese nun liegt) abgeglichen und zusammengeführt werden? Neben den Stammdaten spielen auch die Bewegungsdaten in der Kettenhotellerie eine große Rolle. Diese bilden nämlich alle bisherigen Aufenthalte und Umsätze des Gastes innerhalb der Hotelkette beziehungsweise -gruppe ab.

Zusätzlich zu den datengenerierenden Touchpoints – das heißt, den verschiedenen Vertriebskanälen - gibt es in der Hotellerie zahlreiche Touchpoints, an denen Gastdaten genutzt werden sollten und auch genutzt werden könnten. Ich bin mir sicher, dass ihr viele dieser Touchpoints bereits selbst erlebt habt, denn dazu gehören beispielsweise die Rezeption, das hoteleigene Restaurant, das Spa oder eben auch die Buchungsmaschine (IBE) sowie der Newsletter mit personalisierten Angeboten.

Wie in vielen Branchen versucht auch die Hotellerie, immer mehr den Fokus auf die Customer Experience zu legen. Vom klassischen „heads on beds“, also dem simplen Verkauf von Schlafmöglichkeiten und Aufenthalten, soll ein ganzheitliches Erlebnis entlang der gesamten Customer Journey entstehen.

Branchenspezifisches vs. branchenunabhängiges CRM-System für Hotels?

Nachdem ich euch nun die allgemeinen Herausforderungen der Branche nähergebracht habe, stellen wir uns nun der Frage: branchenspezifisches CRM-System oder branchenunabhängiges CRM-System?

Branchenspezifisches CRM-Systeme:

Die größten Anbieter für hotelspezifische CRM-Systeme sind dailypoint, NextGuest, Revinate, TravelClick (gehört seit kurzem zu Amadeus) und Cendyn. Zwar bieten diese Anbieter während der Implementierungsphase umfangreiches Consulting an, da ein tiefgehendes Branchenverständnis vorhanden ist, allerdings bringen sie auch einige Nachteile mit sich. Die Möglichkeiten in der Anpassbarkeit dieser Systeme sind begrenzt. Daher sind sie nur bedingt für Unternehmen nutzbar, die nicht nur ihre Hotelgäste, sondern auch andere Geschäftszweige erfassen möchten. Diese Systeme können meist viele bestehende Integrationen zu anderen hotelspezifischen Systemen - etwa PMS, RMS, etc. - anbieten, aber sind kaum oder gar nicht erweiterbar durch zusätzliche Module oder APIs außerhalb der Hotelwelt. Ein Mapping kann dann nur über CSV-Exporte stattfinden, was den Prozess wiederrum schwerfällig machen kann. Auch der bereits angesprochene ausbleibende Umschwung von on-premise auf Cloud-Architektur spricht gegen die hotelspezifischen Systeme. Kurz gesagt: alte Muster können schnell und einfach implementiert werden. Für innovative Ansätze in der Branche sind diese Systeme aber nur sehr eingeschränkt bereit.

Branchenunabhängige CRM-Systeme

Branchenunabhängige CRM-Systeme - zum Beispiel Salesforce oder Microsoft Dynamics - kamen in der Vergangenheit eher vereinzelt zum Einsatz und sind bisher hauptsächlich in Megaketten wie Marriott und Accor in Verwendung. Sehr große Hotelketten verfügen über den Luxus einer eigenen IT-Abteilung, denn nur so sind große, generische Systeme für Hotels nutzbar. Das technische Know-how und auch die Bereitschafft für das Erlernen eines Systems, das so viele Möglichkeiten bietet, sind bei mittelgroßen und kleineren Hotelketten nicht gegeben. Auch das Implementieren und Integrieren der bestehenden Systeme erfordert hier mehr Mitarbeit des Kunden als bei Standardsystemen, bei denen die Integrationen vorgefertigt sind.

Ein weiterer Punkt, der durch den Kunden definiert werden muss, ist der ständige Match-and-Merge-Prozess. Dieser soll Dubletten von Gastprofilen nicht nur am Anfang bereinigen, sondern durch ein direktes Abgleichen bereits beim Empfangen neuer Gastdaten verhindern. Nichtsdestotrotz kann beim richtigen Auf-und Einsetzen eines hotelunspezifischen Systems ein enormer Mehrwert gegenüber den hotelspezifischen Systemen erzielt werden. Aufwand und Nutzen müssen bei dieser grundlegenden Entscheidung bedacht und vor allem transparent gemacht werden.

Wie geht es weiter? Von Chancen und Risiken der CRM-Einführung in der Hotelbranche

Ihr merkt, dass das Thema CRM in der Hotellerie viele Tücken aber auch großartiges Entwicklungspotenzial mit sich bringt. Gastdaten sollten die Währung in dieser Branche sein. Warum der Wert der Gastdaten und eine durchdachte Kundenbindungsstrategie in Zeiten von Corona noch viel wichtiger ist und welche speziellen Probleme in der IT-Infrastruktur von Hotelketten nach einer Lösung schreien, werde ich in meinem nächsten Beitrag zeigen.

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Bild Marty   Kostmann

Autorin Marty Kostmann

Marty Kostmann ist Senior Consultant und Teamleitung bei adesso im Bereich Retail und bringt mehrere Jahre Berufserfahrung im Change- und Projektmanagement mit. Zusätzlich hat sie die Change Management Community bei adesso ins Leben gerufen und tauscht sich dort aktiv mit Kollegen zu den neusten Entwicklungen im Bereich Change Management aus.

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