18. Jänner 2023 von Vanessa Schönen
Was wurde eigentlich aus dem OZG?
Die Digitalisierung des deutschen Gesundheitswesens ist nach wie vor ein Dauerbrenner. Das im Jahr 2017 beschlossene Onlinezugangsgesetz (OZG) sollte die Digitalisierung weiter unterstützen und bis Ende 2022 zahlreiche Verwaltungsleistungen des Bundes und der Länder auch im Gesundheitswesen elektronisch zugänglich machen.
Die Zielsetzung lautete:
- Nutzerfreundlichkeit für Bürgerinnen und Bürger sowie Mitarbeitende – Prozesse sollten vereinfacht und an die Bedürfnisse der Zielgruppen angepasst werden
- Zeitersparnis – die Verwaltung sollte durch die Digitalisierung schneller und zuverlässiger werden
- Qualität und Sicherheit – die Verwaltung von Bund, Ländern und Kommunen sollte gemeinsam digitalisiert werden
- Effizienz – Standardisierung und gemeinsame Basiskomponenten sollten eine zukunftsfähige und effiziente IT-Struktur schaffen
Was kann man also für 2023 erwarten?
Die Umsetzung des OZG geschah nutzerzentriert, das heißt, es wurden nur Verwaltungsleistungen digitalisiert, die direkte Auswirkungen auf die Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen haben. Die Grundlage dieser Umsetzung bildet der OZG-Umsetzungskatalog. Er umfasst 575 Leistungen, die in 14 Themenfelder gegliedert sind und online angeboten werden müssen. 115 der 575 Leistungen wurden bei der Umsetzung priorisiert.
Das Themenfeld Gesundheit wurde federführend vom Bundesland Niedersachsen mit Unterstützung des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) erarbeitet und umfasst etwa 60 Verwaltungsleistungen. Diese Verwaltungsleistungen bedienen Bereiche wie Gesundheitsvorsorge, Krankheit, Pflege, Behinderung und Tod. Themen, die eine nicht unerhebliche Komplexität mit sich bringen, da zum einen mit sensiblen Patientendaten, zum anderen aber auch mit emotionalen und ethischen Herausforderungen umgegangen wird.
Seit 2017 ist einiges passiert, aber längst nicht das, was angestrebt wurde. Welche Verwaltungsleistungen im Gesundheitswesen werden also ab 2023 digital zur Verfügung stehen? Eine Frage, die sich nicht ganz einfach beantworten lässt. Die letzte Meldung über den aktuellen Entwicklungsstand, die man online finden konnte, stammt aus dem Jahr 2020, seitdem war das OZG lange aus den Nachrichten verschwunden. Doch nun kam zum 14.12.2022 und damit zum zeitlichen Ende des OZG ein Bericht des BMI mit dem Thema: Rückblick auf fünf Jahre OZG.
Darin wird beschrieben, dass zu großen Teilen die interoperablen Infrastrukturen durch das OZG geschaffen wurden. Bisher werden von den 115 priorisierten OZG-Leistungen 87 online angeboten, bis Ende 2022 sollten einige weitere folgen. Die Konjunkturmittel, die von 2020 bis 2022 in Höhe von drei Milliarden Euro bereitgestellt wurden, wurden allerdings nur zum Teil verausgabt, es wurde entweder weniger Geld benötigt oder es wurden einige Ziele, für die das Geld bestimmt war, noch nicht angegangen.
Zudem wurde das Bundesportal 2021 für die Öffentlichkeit zugängig, von diesem aus sollen alle OZG-Leistungen abrufbar sein. Für die „Lebenslage Gesundheit“ kann man nach Gesundheitsvorsorge, Krankheit, Behinderung und Pflege filtern. Stand 20.12.2022 gibt es im Bundesportal circa 300 Einträge in der Rubrik „Lebenslage Gesundheitsvorsorge“, davon sind etwa 350 Einträge dem Thema Krankheit, 683 zum Thema Behinderung und ungefähr 100 Einträge dem Thema Pflege zugeordnet. Diese Zahlen entstehen aus den einzelnen Leistungen der Kommunen in den jeweiligen Bundesländern, sodass nicht eine OZG-Leistung gleichzeitig ein Eintrag bedeutet. Am einfachsten lässt sich dieser Zusammenhang unter dem Stichwort „Teilzeit während Elternzeit“ erklären, denn hier scheint es für jedes Bundesland einen eigenen Eintrag zu geben und viele weitere, die Teilzeit oder Elternzeit im Titel tragen.
Die Umsetzung lässt sich im OZG-Dashboard verfolgen. Dort lassen sich die Entwicklungsstände, aufgeteilt in Bund, Bundesländer und Kreise, einsehen. Doch es wird schnell das Bild eines deutschen Flickenteppichs deutlich:
Ich habe zwei Funktion für mich getestet
Das Krankengeld für Krankenversicherte in NRW kann ich nur im Regierungsbezirk Münster auswählen und dort ist es nur in der Gemeinde Wadersloh zu beantragen. Das Bundesportal leitet mich folglich auf die Website der Gemeinde Wadersloh weiter, allerdings kann ich dort keinen Onlineantrag finden, um Krankengeld zu beantragen. Mir wird lediglich ein Hinweistext zur Sozialhilfe und die Verlinkung zu Ansprechpersonen der Gemeindeverwaltung angezeigt. Das bringt mir persönlich nicht viel, wenn ich das Krankengeld online beantragen will, da ich nun doch zur Gemeinde muss.
Deutlich werden die unterschiedlichen Entwicklungszustände auch bei der Leistung, den Schwerbehindertenausweis online zu beantragen. In den in der Grafik orangefarbenen Bundesländern kann ich ihn in allen Kreisen beantragen, in den dunkelblauen Bundesländern in keinem der Kreise. Das Bundesland Bremen bietet ihn in einem von zwei Kreisen an.
Die lange Suche, durch 958 Einträge, nach dem Schwerbehindertenausweis spare ich mir, da ich direkt über die Stichwortsuche gehe. Nach Auswahl des Bundeslandes NRW und des Regierungsbezirkes Detmold erhalte ich die Auswahl zwischen den Kreisen Gütersloh und Lippe. Bei beiden erhalte ich einen Link zum ELSA.NRW – Antrag nach dem Schwerbehindertenrecht. Dort kann ich nun alle wichtigen Daten eintragen und den Antrag abschicken. Hier freue ich mich, dass ich ein Onlineformular ausfüllen kann, denn das ist genau das, was ich erwartet habe.
Die angebotenen Leistungen sind folglich stark vom jeweiligen Bundesland und vom Regierungsbezirk abhängig. Für die Userinnen und User bedeutet es, dass sie entweder genau wissen, was sie suchen und wo sie es finden werden, oder dass sie lange suchen müssen, bis sie es gefunden haben. Durch die Stichwortsuche lassen sich die möglichen Suchergebnisse eingrenzen. Eine Filterfunktion nach Regierungsbezirken oder Kreisen wäre hier deutlich anwenderfreundlicher, zumal das Portal nutzerzentriert aufgebaut wurde.
Persönliches Fazit
Auf den Seiten des BMG findet sich ein wie ich finde sehr passendes Zitat von Dr. Markus Richter, Staatssekretär im BMI und Beauftragter der Bundesregierung für Informationstechnik:
„Das OZG war der Startschuss für eine nachhaltige Transformation der Verwaltung.“
Ich kann das OZG als Anfang einer nachhaltigen und digitalen Transformation der Verwaltung sehen, dennoch bedarf es hier noch einiger Updates, um einen kontinuierlichen Prozess der Verbesserung zu erschaffen. Ähnlich wie bei Hardware zu Hause, die kontinuierliche Updates benötigt, benötigt die Digitalisierung der Verwaltung diese ebenfalls. Zudem bedarf es aus meiner Sicht mehr aktiver Aufklärung der Nutzerinnen und Nutzer darüber, welche Funktionen online zur Verfügung stehen und ihnen gegebenenfalls den nächsten Termin bei der Gemeinde oder Stadt ersetzen könnten.
Gerade in den vergangenen, von Krisen geprägten Jahren wurden Verwaltungsleistungen im Rahmen des OZG schnell umgesetzt, um zum Beispiel Leistungen für den Infektionsschutz online zur Verfügung zu stellen. Damit wurde bewiesen, dass Digitalisierung in solchen Fällen der schnellste und sicherste Weg zur Lösung sein kann. Grundsätzlich sind also die ersten Funktionen für mich als Nutzerin nutzbar, allerdings lässt die Performance im Sinne der Anwenderfreundlichkeit des Bundesportals zu wünschen übrig und gibt Raum für Verbesserungen. So würde ich mir wünschen zu jeder Leistung nur einen Eintrag im Bundesportal vorzufinden, den ich dann nach meinen Wünschen oder nach Bundesland, Kreis, Kommune filtern kann.
Dennoch ist man meiner Meinung nach hier auf dem richtigen Weg und wird diesen erfreulicherweise auch in diesem Jahr weiter beschreiten. Das BMG hat hierzu am 14.12.2022 bekannt gegeben, dass es 2023 ein OZG-Folgegesetz geben wird. Das OZG 2.0 soll die bisher geschaffenen Strukturen festigen und die Chance bieten, viele weitere Digitalisierungsprojekte erfolgreich abzuschließen. Es bleibt weiterhin spannend, denn die Modernisierung der Verwaltung ist im Gange und bietet den Nutzerinnen und Nutzern viele neue Möglichkeiten.