7. Februar 2023 von Heike Heger
Digital Commerce: Die Handelsstudie 2023 – und was hier wichtig ist
In unserer Studie „Quo vadis: Digital Commerce“ haben wir im November letzten Jahres über 1.000 Verbraucherinnen und Verbraucher bevölkerungsrepräsentativ durch die Marktforscherinnen und -forscher von YouGov zu ihrem Einkaufsverhalten befragt.
Parallel dazu wurden über 500 Angestellte verschiedener Unternehmen aus den Bereichen Handel und Produktion (davon 49 Prozent in Entscheiderrollen) zu Plänen und Maßnahmen rund um das Thema Customer Experience befragt.
Beide Ergebnisse wurden miteinander in Beziehung gesetzt. Dabei haben wir für uns drei zentrale Themen identifiziert, die wir mit der Befragung abdecken wollten:
- 1. Nachhaltigkeit
- 2. Kauf versus Service
- 3. Kundengewinnung und -bindung
Nachhaltigkeit: Die Konsumentensicht
Bei den Konsumentinnen und Konsumenten wächst das Bewusstsein für nachhaltiges Handeln. Und das lässt sich in Zahlen messen. So achtet in unserer Studie rund jede beziehungsweise jeder dritte Befragte (31 Prozent) darauf, dass die verwendeten Materialien der gekauften Produkte ökologisch unbedenklich sind. 17 Prozent legen zudem Wert darauf, dass der CO2-Fußabdruck des anbietenden Unternehmens transparent ist und gut zu den eigenen Werten passt. Immerhin 15 Prozent wollen wissen, unter welchen Bedingungen die Mitarbeitenden der Händler/Hersteller arbeiten. Ein tolles Ergebnis – wäre da nicht die Kehrseite der Medaille. Denn: Bei den Mehrfachnennungen dominiert mit 71 Prozent immer noch das Preis-Leistungs-Verhältnis als Kriterium Nr. 1 für die Kaufentscheidung.
Und doch: Nachhaltigkeit ist in diesen Zeiten ein attraktives Kaufargument – das zeigt das nachfolgende Ergebnis recht gut. So geben 73 Prozent der Befragten an, dass Unternehmen, die transparent und nachprüfbar nachhaltig handeln, sympathischer sind. 70 Prozent halten solche Unternehmen auch für glaubwürdiger. 64 Prozent stimmen jedoch voll oder eher zu, dass nachhaltige Unternehmen schwer zu finden sind. Erst an vierter Stelle folgt bei dieser Frage, dass Nachhaltigkeit zwar gut sei, es aber vor allem um günstigere Preise gehe.
Nachhaltigkeit: Wie sieht das auf Unternehmensseite aus?
Natürlich ist das Thema Nachhaltigkeit für Unternehmen nicht neu. Dennoch prägen regulatorische Punkte und die weltweite Energie- und Klimadiskussion immer deutlicher die Faktoren nachhaltigen Handelns von Unternehmen. Es ist also klar, dass Unternehmen jetzt handeln und Nachhaltigkeit in ihrem Handeln nachweisen müssen. Die offene Frage ist: Wollen die Unternehmen das auch?
Zunächst ist festzuhalten, dass Organisationen den Wünschen ihrer Kundinnen und Kunden nachkommen und zunehmend nachhaltig agieren. So nennen 73 Prozent der befragten Unternehmen Nachhaltigkeit als Bestandteil ihrer Unternehmensstrategie, 22 Prozent davon haben Nachhaltigkeit sogar im strategischen Fokus. Bei den Gründen für nachhaltiges Handeln sind die befragten Unternehmen aber auch ehrlich: 48 Prozent geben an, Nachhaltigkeit zu schätzen, aber auch auf ein faires und kundennahes Preis-Leistungs-Verhältnis zu achten. Erst danach folgen faire Arbeitsbedingungen (46 Prozent), der CO2-Fußabdruck (36 Prozent) sowie das Achten auf ökologisch einwandfreie Materialien (29 Prozent).
Fazit Nachhaltigkeit
Der Preis hat noch immer oder gerade jetzt Prio bei den Konsumierenden, aber Nachhaltigkeit ist gleichzeitig ein Kaufargument. Das kundenfreundliche Preis-Leistungs-Verhältnis stellt Unternehmen hingegen vor große Herausforderungen, denn nachhaltige Maßnahmen sind nur selten mit günstigen Endverbraucherpreisen vereinbar. Was bedeutet dies? Hierzu haben wir weitere Informationen und Handlungsempfehlungen in unserer Studie aufbereitet.
Hier geht es zum Download der Studie
Kauf versus Service
In diesem Fragenfeld ging es uns um diese Themen:
- Kaufen oder leasen?
- Online, offline oder lieber beides?
- Kaufempfehlungen, ja oder nein? Und wenn ja, wann?
Wenn von Kaufen oder Leasen die Rede ist, denkt man automatisch an das Auto. Um es vorwegzunehmen: Das Auto ist nach wie vor des Deutschen liebstes Kind. 57 Prozent nennen das Auto als hauptsächlich genutztes Verkehrsmittel – öffentliche Verkehrsmittel (24 Prozent), Fahrrad (15 Prozent), Elektroroller (3 Prozent) und Carsharing (1 Prozent) liegen hier deutlich darunter. Aber wie sieht es mit dem Leasing aus? In unserer Umfrage würden immerhin 13 Prozent ihr nächstes Auto und 11 Prozent ihr Fahrrad leasen. Spannend: Fast ein Fünftel (18 Prozent) würde den nächsten E-Scooter leasen.
Wir haben hier einmal über den Tellerrand unserer eigenen Befragung geschaut. So ergab eine aktuelle Studie von Carwow, dass 40 Prozent der Kundinnen und Kunden des Portals ihr Wunschfahrzeug mit Leasing konfigurierten – im Jahr 2021 waren es lediglich 18 Prozent.
Unsere Schlussfolgerung daraus: Hier scheint sich ein Trend zu abzuzeichnen und diesen wollen wir gerne weiterverfolgen. Wir sind sicher, dass sich auf dem Feld des Leasings zukünftig einiges tun wird.
Online, offline oder beides?
Wenn es um die Konsumierenden geht, so kann man festhalten: Kleine elektrische Geräte (zum Beispiel Föhn, Toaster oder Mikrowelle) verkaufen sich am besten online. Bei hochpreisigen elektronischen Geräten wie Waschmaschine, Laptop etc. sind die Prozentzahlen für on- und offline gleich verteilt (je 45 Prozent) und Lebensmittel werden ganz klar offline, also im Geschäft gekauft (89 Prozent).
Auf Seiten der befragten 503 Unternehmensvertreterinnen und -vertreter gab es eine klare Verteilung, was die Online- und Offlinestrategie betrifft. So setzen 46 Prozent schwerpunktmäßig auf online, 30 Prozent auf offline und nur 15 Prozent verfolgen eine kombinierte Online-und-offline-Strategie. Wir haben einige Schlussfolgerungen gezogen und auch hier Handlungsempfehlungen genannt – beides zu finden in der aktuellen Studie.
Personalisierung: Komfortabler Service oder übergriffiges Handeln?
Was ist guter Kundenservice? Und wann ist „sehr persönlich“ auch „sehr gut“? Das interessiert Unternehmen und das interessierte auch uns. Die befragten Consumer haben hier unter anderem wie folgt geantwortet: 58 Prozent finden es toll, wenn Anbieter kombinierte Angebote für stationäre Geschäfte und das Online-Portal unterbreiten. 43 Prozent schätzen das One-Stop-Shop-Erlebnis (also alles an einem Ort mit möglichst bequemem Einkaufsprozess) und 38 Prozent finden es gut, wenn sie Empfehlungen basierend auf ihren Kaufwünschen erhalten. Aber einen Wermutstropfen für die Marketingbereiche gibt es auch hier: 69 Prozent empfinden es als übergriffig, wenn sie vor Kaufabschluss noch zu zusätzlichen Angeboten wie Newsletter-Bestellung oder Loyalty-Programmen genötigt werden. Und 68 Prozent brechen den Kauf gar ab, wenn die gewünschte Bezahlart nicht vorhanden ist.
Wie sieht es hier auf Unternehmensseite aus? Wird auf die Wünsche der Kundschaft eingegangen? Hier nur mal ein Ergebnis dazu: Während 43 Prozent der Konsumentinnen und Konsumenten das One-Stop-Shop-Erlebnis sehr schätzen, kümmern sich nur 9 Prozent der Unternehmen um diese Thematik. Weitere Ergebnisse dazu in unserer Studie.
Hier geht es zum Download der Studie
Kundenservice und Kundenbindung
Durch was genau fühlen sich Kundinnen und Kunden „gebunden“? Auch das hat uns interessiert. Auf die Frage, wann Kundinnen und Kunden erneut bei einem Anbieter kaufen würden, antworten 68 Prozent, dass die Qualität der Produkte hierfür entscheidend ist. An zweiter Stelle sorgen gezielte Kundenbindungsprogramme für eine Wiederkehr der Käuferinnen und Käufer (34 Prozent). Aber auch das Thema Nachhaltigkeit und Marke poppt hier mit 34 Prozent auf. Persönliche Beratung ist ein weiteres Kriterium. Immerhin 22 Prozent lassen sich von den Fachexpertinnen und -experten gerne wieder von einem Produkt überzeugen. Für die Befragten war hier eine Mehrfachnennung möglich.
Auf Unternehmensseite hingegen sind diese Punkte in der Planung (siehe Tabelle unten). Der Blick auf die Ergebnisse zeigt: Unternehmen hatten keine spezifische Stoßrichtung in puncto Kundenservice und Kundenbindung. Man könnte sagen: von jedem ein bisschen und von nichts richtig viel.
Fazit aus der Studie
Es lohnt sich, die Meinungen der Kundinnen und Kunden mit den Initiativen der Unternehmen zu vergleichen. Viele Antworten sind nicht überraschend. Auf Unternehmensseite sind es oftmals gar nicht mal sonderlich bahnbrechende Maßnahmen und Projekte, die umgesetzt werden müssen, um die Customer Experience positiv zu begleiten. Viele Erkenntnisse zeigen sich in den Bereichen Kommunikation, Transparenz und Glaubwürdigkeit.
Interessant sind aber auch die aufkommenden Themen. Gerade das weite Feld der Nachhaltigkeit sowie ein wachsender Trend hin zu Servicemodellen sind Faktoren, die die Gesellschaft in den nächsten Jahren weiter bewegen und verändern werden. Organisationen, die hier sensibel sind und die richtigen Antworten finden, können wichtige Wettbewerbsvorteile nutzen.
Hier geht es zur Studie Quo Vadis: Digital Commerce
Weitere Infos rund um das Thema Digital Commerce findet ihr auf unserer Website.