11. März 2022 von Stephen Lorenzen, Georg Benhöfer und Lars Zimmermann
Die EEG-Umlage fällt weg – und jetzt?
Seit vielen Wochen ist das Thema der steigenden Energiepreise medial sehr präsent. Der Angriff russischer Truppen auf die Ukraine hat die Dringlichkeit des Themas nun zusätzlich verstärkt. Vor diesem Hintergrund hat die Ampel-Koalition angekündigt, die EEG-Umlage zum 1. Juli 2022 abzuschaffen, um die Stromkundinnen und -kunden finanziell zu entlasten. Bundesfinanzminister Christian Lindner beziffert diese Entlastung auf 6,6 Milliarden Euro. Das klingt nach viel. Was diese Zahl für einzelne Haushalte bedeutet und welche weiteren Folgen die Abschaffung der EEG-Umlage haben könnte, beleuchten wir in diesem Blog-Beitrag.
EEG-Umlage? War da mal was?
Die EEG-Umlage finanziert seit ihrer Einführung im Jahr 2000 den Ausbau der erneuerbaren Energien (EE) in Deutschland. Begründet ist sie im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Ziel des EEG ist es, vor allem den Ausbau der EE voranzutreiben, beziehungsweise war es im Jahr 2000, diesen überhaupt erst in Schwung zu bringen. Wer vor seinem inneren Auge die vergangenen 20 Jahre Revue passieren lässt – an Fahrten auf Landstraßen, Wanderungen oder Bahnreisen denkt –, kann feststellen: Das EEG war ein großer Erfolg. An Solaranlagen auf den Dächern unserer Wohngebiete, Windparks entlang von Autobahnen und Biogasanlagen in Dörfern haben wir uns in weiten Teilen gewöhnt. Ermöglicht hat dies zu Beginn das Prinzip der garantierten Vergütung von Strom aus Erneuerbare-Energien-Anlagen (EEA). Betreiber von EEAs bekommen über einen Zeitraum von 20 Jahren eine fixe Vergütung für jede kWh Strom zugesichert. Das schafft Investitionssicherheit und hat den Aufschwung der Erneuerbaren überhaupt erst ermöglicht. Die Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) sind verpflichtet, den Anlagenbetreibern den Strom zu diesem fixen Vergütungssatz abzunehmen. Auch dann, wenn der tatsächliche Marktpreis unter der fixen Vergütung liegt, es also für die ÜNBs ein Negativgeschäft ist. Damit die ÜNBs nicht auf diesen Kosten sitzen bleiben, bekommen sie die Differenz aus dem EEG-Konto zurückgezahlt. Dieses EEG-Konto wird im Wesentlichen durch Einzahlungen aus der EEG-Umlage gedeckt.
Seit der Veränderung des EEG im Jahr 2014 wird das Modell der fixen Vergütung durch das Marktprämienmodell ergänzt. Anlagenbetreiber, die nicht in der fixen Vergütung sind, sondern ihren Strom über die Direktvermarktung an den Markt bringen, können diese Marktprämie erhalten. Die Marktprämie gleicht dann die Differenz zwischen Marktpreis und festgelegter Förderhöhe der Anlage aus. Auch die Marktprämie wird durch das EEG-Konto finanziert.
Die EEG-Umlage ist also wesentlich an der Finanzierung der erneuerbaren Energien beteiligt.
Was bedeutet der Wegfall der EEG-Umlage?
Der Wegfall der EEG-Umlage bedeutet, dass Stromkundinnen und -kunden bald einen Posten weniger auf ihrer Abrechnung finden werden. Das hat im Wesentlichen drei übergeordnete Effekte:
- 1. Stromkundinnen und -kunden müssen die EEG-Umlage nicht mehr zahlen.
- 2. Strom könnte im Vergleich zu anderen Endenergien günstiger werden.
- 3. Die Abrechnungen müssen angepasst werden.
Stromkundinnen und -kunden müssen also zukünftig die EEG-Umlage nicht mehr zahlen. Politisch soll damit das Ziel verfolgt werden, die Stromkundschaft finanziell zu entlasten. Aktuell beträgt die EEG-Umlage 3,7 ct/kWh. Unterstellt man einen 4-Personen-Haushalt mit einem Jahresstromverbrauch von 3.500 kWh/a, führt der Wegfall der EEG-Umlage zu einer Entlastung in Höhe von 129,50 Euro pro Jahr. Das ist gewiss keine kleine Summe, wird aber voraussichtlich die steigenden Strompreise nicht kompensieren können. Inwieweit Stromkundinnen und -kunden also eine tatsächliche Entlastung spüren werden, ist fraglich.
In anderen Bereichen könnte die Streichung der EEG-Umlage hingegen etwas deutlichere Spuren hinterlassen. Nämlich überall dort, wo Strom als Substitut mit anderen Endenergien konkurriert. Zu denken ist hier insbesondere an Wärmepumpen. Die Betriebskosten sind für viele Gebäudeeigentümer für die Wahl ihrer Heizung entscheidend. Entfällt zukünftig die EEG-Umlage und sinken dadurch die Betriebskosten von Wärmepumpen im Vergleich zu Öl- und Gasheizungen, könnten dadurch höhere Investitionskosten refinanziert werden.
Neben dem Wegfall der reinen Zahlung der EEG-Umlage für die Stromkundinnen und -kunden müssen selbstverständlich auch die Stromrechnungen angepasst werden. Dies wird Anpassungsaufwände für die Energieversorger in den Abrechnungssystemen bedeuten.
Ein umstrittener Star der Energiewende verlässt die Bühne
Ab dem 1. Juli soll die EEG-Umlage nun also entfallen. Ein halbes Jahr früher, als es ohnehin bereits geplant war. Haushalte werden, wie versprochen, entlastet – allerdings erscheint es dennoch als wahrscheinlich, dass sie am Ende des Jahres mehr Geld für ihren Strom bezahlen müssen als noch vergangenes Jahr. Im Wettbewerb der Endenergien könnten die 3,7 ct/kWh hingegen möglicherweise etwas konkretere Auswirkungen haben und den ein oder anderen Hausbesitzer von einer Wärmepumpe überzeugen. Die greifbarste und kurzfristig direkteste Folge ist die Anpassung der Abrechnungen für Energieversorger.
Die EEG-Umlage verlässt nach rund 22 Jahren die Bühne. Sie hat die Energiewende belebt und war stets Gegenstand kritischer Diskussionen. Wir sagen adieu und sind gespannt, was die Regulierung dieses Jahr noch für die Energiewirtschaft bereithält.