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Viele Versicherungsunternehmen befinden sich im Umbruch - bestehende Systeme sind in die Jahre gekommen und müssen modernisiert werden, während sich der Markt und das Geschäftsumfeld dramatisch verändern. Junge Kundinnen und Kunden erwarten Flexibilität und Schnelligkeit in der Interaktion mit ihren Versicherungen, analog zu ihrem Einkaufsverhalten bei Amazon und Google. Versicherungsportale und -vergleiche sind heute bereits etabliert. Ihre Nutzung für den direkten und sofortigen Vertragsabschluss wird zunehmen, zum Beispiel für den Abschluss einer Auslandsreisekrankenversicherung beim Boarding oder für den Abschluss einer Sportversicherung vor dem Tauchurlaub. Für diese „Customer Journey“ müssen die Versicherungssysteme modernisiert und die Prozesse erweitert werden.

Heute wird die Sachbearbeitung von gut ausgebildeten Mitarbeitenden durchgeführt, die die Prozesse beherrschen und in den etablierten Abläufen zu Hause sind. Eine Effizienzsteigerung soll durch die Digitalisierung und weitere Automatisierung der Prozesse erreicht werden. Der Einsatz künstlicher Intelligenz wird die Versicherungsprozesse in naher Zukunft revolutionieren - und die Anwendungslandschaften müssen darauf vorbereitet sein.

Technisch sind oft noch Mainframe-basierte Kernsysteme im Einsatz: Betrieb, technische Wartung und Pflege oder gar Weiterentwicklung werden immer teurer, da geeigneter Nachwuchs für das Personal schwer zu finden ist, die Infrastruktur erneuert werden muss und das Wissen über diese Systeme mit dem altersbedingten Ausscheiden der Mitarbeitenden verschwindet.

Die Neuausrichtung der Unternehmensstrategie

Viele Versicherer stehen vor der Notwendigkeit, ihre Systemlandschaft grundlegend zu verändern. Dabei lassen sich drei Handlungsstränge unterscheiden:

  • Technisch: Bestehende Systeme werden modernisiert.
  • Fachlich: Prozesse werden digitalisiert. Effizienzsteigerungen sind notwendig.
  • Strategisch: Die Systemlandschaft muss zukunftsfähig gemacht werden.

In der folgenden Tabelle sind diese Transformationsziele und die daraus abgeleiteten Maßnahmen näher dargestellt. Natürlich laufen die Handlungsstränge parallel und die Maßnahmen müssen aufeinander abgestimmt werden.


Handlungsstränge in der Transformation heutiger Versicherungssysteme

Auswahl der Systeme

Welche Systeme können oder müssen modernisiert werden und in welcher Reihenfolge? Eine Bewertung erfolgt auf Basis einer Analyse der bestehenden Systemlandschaft:

  • Überblick über die Anwendungs- und Systemlandschaft mit Daten- und Prozessabhängigkeiten
  • Bestandsaufnahme der eingesetzten Technologien, Homogenität/Heterogenität, Interoperabilität
  • Geschäftskontext und Umsetzung der fachlichen Strategie
  • Durchgeführte Maßnahmen, getroffene Entscheidungen und Technologiefestlegungen
Entscheidungsgrundlage ist die Bewertung der einzelnen Systeme:
  • Schwachstellen in Funktionalität und fachlicher Kritikalität
  • Aktualität der eingesetzten Technologien ( zum Beispiel Programmiersprachen)
  • Bestehende Risiken für Wartung und Betrieb
  • Kosten für Betrieb und Wartung
  • Personalbestand und Verfügbarkeit der notwendigen Skills („Nachwuchsmangel“)

Eine Eins-zu-eins-Ablösung eines Systems durch einen reinen Technologiewechsel ist oft nicht empfehlenswert, da individuell entwickelte Systeme dazu neigen, den Zustand zu konservieren, den sie bei ihrer Erstellung hatten. Sie sperren sich gegen substanzielle Weiterentwicklungen.

Plattformen als Grundlage für zukunftssichere Lösungen

Der Einsatz einer Versicherungsplattform ist eine Strategie, Anforderungen durch Standardfunktionen und deren gezielte Anpassung umzusetzen. Das Risiko einer Individualentwicklung wird reduziert. Entwicklungsaktivitäten werden auf das Customizing, also die Anpassung der Standardsoftware, reduziert.

Die adesso in|sure ecosphere als Plattform bietet Softwarelösungen für die Versicherungskernsysteme wie Bestand, Leistung und Partner. Auch in vielen anderen Bereichen haben sich inzwischen Business-Plattformen etabliert.

Eine Plattform bietet:

  • eine Abstraktionsschicht, die Funktionen und Dienste von ihrer konkreten technischen Realisierung trennt,
  • die Möglichkeit zur sukzessiven Erweiterung der genutzten Funktionen und Systeme („Baukastensystem“),
  • die Teilhabe an der allgemeinen Softwareentwicklung durch Releasefähigkeit,
  • einheitliche Standards und Verfahren für Querschnittsaufgaben (Architektur, Betrieb, Sicherheit, Integration, Datenhaltung, Prozesssteuerung, Monitoring),
  • Reduktion von Komplexität und Risikound
  • Zukunfts- und Planungssicherheit.

Abbildung 1: Business-Plattformen bieten einen Baukasten für funktionale und nicht-funktionale Aspekte. Sie können in die bestehende Landschaft integriert werden und schaffen die Basis für einen standardisierten Datenaustausch mit Dienstleistern, Marktplätzen oder Ökosystemen.

Umgang mit der Altsystemlandschaft

Für den Übergang von Altsystemen auf eine Plattform muss die Datenmigration geplant und durchgeführt werden. Bei der Einführung der Plattform gibt es eine Übergangsphase mit Parallelbetrieb und schließlich wird das abgelöste System außer Betrieb genommen.

Die verbleibenden Systeme müssen mit Daten versorgt werden. Moderne Plattformen bieten konfigurierbare Schnittstellen und ein flexibles Integrationskonzept und ermöglichen so eine nahtlose Anbindung.

Anpassung und Flexibilisierung

Beim Einsatz einer Versicherungsplattform ist es notwendig, die individuellen Anforderungen und Rahmenbedingungen umzusetzen. Dies geschieht in drei Schritten: Nutzung der Standardfunktionalität, Anpassung durch Customizing oder Individualentwicklung.


Abbildung 2: Die Anpassung der Plattform durch Customizing und individuelle Erweiterung

  • 1. Der Standard einer Plattform...
    • ... bildet die Grundlage durch notwendige Geschäftsfunktionen und Dienste.
    • ... wird kontinuierlich weiterentwickelt und in regelmäßigen Releases ausgeliefert.
    • ... orientiert sich an Best Practices der Versicherungswirtschaft.
    • ... berücksichtigt gesetzliche und aufsichtsrechtliche Anforderungen.
  • 2. Customizing ermöglicht die Anpassung der Standardsoftware an vorgesehenen Stellen. Kundenspezifische Eigenschaften der Plattformsysteme werden eingestellt. Es umfasst...
    • ... Erweiterungen der Standardfunktionalität an definierten Stellen.
    • ... Konfiguration beziehungsweise Modellierung.
    • ... Definition von Regeln.
    • ... Anpassung von Schnittstellen und Steuerung von Prozessen.
    • ... Anpassungen oder Erweiterungen des Datenmodells.
  • 3. Eine Individualentwicklung...
    • ... erfolgt zur Realisierung spezifischer Funktionen und Features.
    • ... baut auf den Diensten des Standards auf.
    • ... ist entkoppelt und getrennt von der Implementierung der Standardsoftware.

Plattformarchitektur: Digitalisierung und offene Standards

Die Integration der Plattform in die Unternehmensarchitektur berücksichtigt Prozesse, Anwendungen, Daten und Infrastruktur.

Für Infrastruktur und IT-Betrieb können Cloud-Anbieter und Dienstleister eingebunden werden. Virtualisierung und IT-Managementprozesse bilden die Grundlage für einen modernen IT-Betrieb. Alle relevanten nicht-funktionalen Eigenschaften (Performance und Kapazität, Verfügbarkeit, IT-Sicherheit und Datenschutz) müssen berücksichtigt werden.

Von besonderer Bedeutung ist die Daten- und Integrationsarchitektur. Zukünftige Interaktionen mit anderen Marktteilnehmern, z.B. Maklern, Gutachtern oder Mehrwertdiensten, basieren auf standardisiertem Datenaustausch und übergreifenden Prozessen. Standardisierungsinitiativen wie BiPro oder OpenInsurance treiben die Veränderung und Vereinheitlichung der Datenstrukturen voran. Auch neue regulatorische Anforderungen wie VAIT, FIDA oder BFSG erfordern eine Vereinheitlichung der Daten und Prozesse.

Flankierende Maßnahmen für Transformationsprojekte

Veränderungsprojekte umfassen neben der Umstellung der technischen Systeme auch die Anpassung von Organisationsstrukturen und Prozessabläufen. Ein professionelles Change Management ist besonders wichtig, damit solche Transformationsprojekte gelingen und von allen Beteiligten akzeptiert werden.

Viele weitere Aufgabenbereiche und Organisationseinheiten müssen an der Transformation mitarbeiten oder ihre eigenen Prozesse anpassen. Die wichtigsten Schlüsselthemen sind in der folgenden Abbildung dargestellt.


Abbildung 3: Eine erfolgreiche Transformation umfasst weitere Aktivitätsbereiche und Organisationseinheiten

Begleitung einer Transformation

adesso unterstützt seit vielen Jahren ihre Versicherungskunden bei erfolgreichen Modernisierungen und beherrschbaren Transformationen.

Unsere Business-Expertinnen und -Experten sowie und Architektinnen und Architekten unterstützen bei der Analyse der Systemlandschaft und der Festlegung eines Zielbildes, sie erstellen eine Roadmap und legen die wesentlichen Ziele und Meilensteine fest.

Während der Transformationsvorhaben unterstützt adesso bei der Durchführung der Projekte und begleitet euch bei der Erreichung der gesetzten Ziele.

Bild Volker Mull

Autor Dr. Volker Mull

Dr. Volker Mull ist seit 2023 bei adesso als Principal Software Architect tätig. Er begleitet seit mehr als 25 Jahren Versicherer bei der Transformation und beschäftigt sich intensiv mit der Integration von plattformbasierten Lösungen in den Gesamtkontext von Versicherungen.

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