30. April 2021 von Marcel Baron
5 Erfolgsfaktoren für die Einführung von Field Service Management mit Dynamics 365
Das Field Service Management entwickelt sich gerade in vielen Branchen weiter: Unternehmen aus den Bereichen Manufacturing, Logistik und Medizintechnik, aber auch aus der Fuhrparkvermietung und Immobilienwirtschaft fragen uns zum Thema Field Service Management an. Mit Hilfe von Software wie der von Microsoft Dynamics 365 wollen sie die Customer Experience im Kundenservice verbessern. Der Außendienst soll besser organisiert und somit die Kundenzufriedenheit erhöht werden. Auch wenden sich Kunden an adesso, wenn bereits umgesetzte Digitalisierungsprojekte für Serviceorganisationen nicht die erhofften Ergebnisse erzielt haben. Neben den Zielen, die Produktivität und Kosten der eigenen Service-Organisation zu optimieren, sollen darüber hinaus Mehrwerte für die (End-)Kundinnen und -kunden geschaffen werden, um beispielsweise Kundenabwanderung zu verhindern.
Ein typisches Beispiel für ein Dynamics-365-for-Field-Service-Projekt ist die Digitalisierung der Disposition von Servicetechnikerinnen und -technikern. Diese Projekte finden also regelmäßig an der Schnittstelle zwischen Serviceorganisation und Endkundeninnen und -kunden eines Unternehmens statt. Also genau da, wo die unmittelbare Interaktion mit Kundeninnen und Kunden stattfindet und diese über einer positive oder negative Kundenerfahrung entscheidet und maßgeblich über die Kundenbindungsrate entscheidet.
Die folgenden fünf Punkte sind aus meiner Sicht entscheidende Erfolgsfaktoren eines Field-Service-Projektes, werden jedoch häufig stiefmütterlich behandelt. Das heißt, sie werden oft nicht ausreichend oder erst spät berücksichtigt. Daher sind diese Punkte als Checkliste zu verstehen, die bei jedem Field-Service-Projekt bedacht und erarbeitet werden sollten, um das Projekt erfolgreich umzusetzen.
1. Versteht, wer ihr seid und was euch ausmacht
Service-Organisationen konzentrieren sich meist auf die üblichen und notwendigen Fragen, wie zum Beispiel: Welche Servicefälle kommen am häufigsten vor und welche sind in besonderem Maße wichtig für meine Kundinnen und Kunden? Das ist durchaus wichtig, doch darüber hinaus sollte man sich auch die folgenden Fragen stellen:
- Worauf sind wir stolz?
- Was können wir besser als andere?
- Was könnte eine Kundin oder ein Kunde sagen, das uns sehr stolz machen würde? Und was, das uns sehr ärgern würde?
- Was können wir besser machen?
- Mit welchen Worten und Attributen möchten wir im Markt wahrgenommen werden?
Die Beantwortung dieser Fragen hilft dabei sich bewusst zu machen, was die Alleinstellungsmerkmale und Kernkompetenzen sind, sodass diese bei der Gestaltung optimierter Field Service Prozesse berücksichtigt wird.
2. Berücksichtigt die Customer Experience und die Customer Journey in der Analysephase
Bestehende Dokumentationen von bereits durchgeführten Audits oder Optimierungsinitiativen der Customer Journey sind sehr hilfreiche Grundlagen, auf denen die Analyse aufsetzen sollte. Durch die Einführung einer neuen Field-Service-Management-Lösung wird dem Kommunikationskontext zwischen der Kundschaft und dem Unternehmen eine weitere Variable hinzugefügt. Diese sollte als Chance für die weitere Optimierung genutzt werden.
Damit das volle Potenzial von Dynamics 365 for Field Service ausgeschöpft werden kann, ist es wichtig zu verstehen, welche Erwartungen die Endkundinnen und -kunden an einzelne Service-Leistungen haben und wie diese tatsächlich erlebt werden. Hierfür sollten sämtliche Kundenkontaktverläufe analysiert und dokumentiert werden. In diesem Zusammenhang empfiehlt es sich, bestehende Geschäftsabläufe auf den Prüfstand zu stellen, auf Automatisierungspotenzial zu prüfen und gegebenenfalls zu optimieren. Dabei ist es wichtig, die Service-Prozesse auch aus Sicht der Kundschaft zu analysieren. Findet heraus…
- wie sich die Menschen durch den Service-Prozess bewegen,
- wo es Schwachstellen gibt,
- wie Schwachstellen optimiert werden können,
- wie die Menschen mit Services begeistert werden können, die sie nicht erwarten und
- wie die Menschen mit neuen Mehrwerten überrascht werden können.
Auf dieser Basis sollten die Customer Journeys und Service-Prozesse auf Schwachstellen untersucht und daraufhin überprüft werden, in welchem Maß Dynamics 365 for Field Service dabei unterstützt, Optimierungen zu erzielen.
3. Plant die Nutzung von Echtzeitdaten und -Analysefunktionen früh
Eine der nützlichsten und zweifellos leistungsstärksten Funktionen von Dynamics 365 for Field Service sind Echtzeitdaten. Dadurch haben Service-Organisationen nicht nur die Möglichkeit, ihre Operations-Prozesse in Aktion zu erleben, sondern erhalten auch Zugriff auf wertvolle Kundeninteraktions- und Prozessdaten, mit denen Stärken und Schwachstellen leicht identifiziert werden können.
Durch die Möglichkeiten der Inventar- und Lagerbestandsverwaltung in Dynamics 365 (direkt oder durch eine Integration in ein Bestandssystem) erhalten Servicemitarbeitende Echtzeiteinblicke in die Lagerbewegungen. Zudem sind somit genaue Inventar- und Verfügbarkeitsprognosen möglich. Durch die im Standardumfang von Dynamics 365 enthaltenen Analysetools können sowohl die laufenden Prozesse als auch die Inventar- und Lagerbewegungsdaten in Form von Reports oder übersichtlichen Dashboards dargestellt werden. Bereits zu Beginn der Umsetzungsphase sollte definiert werden, welche die wichtigsten zu verfolgenden Key Performance Indicators (KPIs) sind, um die gesetzten strategischen Ziele zu erreichen. Dies ist bei der Datenmodellierung und dem zu erarbeitenden Integrationskonzept zu berücksichtigen, um später im Projekt aufwändige Änderungen durch Reporting-Anforderungen zu vermeiden.
4. Mobile, Mobile, Mobile
Wie Produkte und Dienstleistungen von Menschen wahrgenommen werden, hängt besonders von den Mitarbeitenden ab, die direkt mit den Kundinnen und Kunden im Außendienst interagieren. Daher ist es von großer Bedeutung, dass diesen Mitarbeitenden alle wichtigen Informationen stets zur Verfügung stehen. Dieser Zugriff wird typischerweise über mobile Anwendungen ermöglicht. Will man exzellenten Kundenservice bieten, so sollten im ersten Schritt die trivialen Dinge wie die Optimierung von Routen, das rechtzeitige Infomieren der Kundschaft und eine personalisierte Ansprache sichergestellt werden. Es sind diese „kleinen“ Dinge, die gut funktionieren sollten, bevor in weiteren Schritten mit fortschrittlichen intelligenten Planungswerkzeugen und mit KI-Funktionen die Optimierung der Service-Organisation sukzessive fortgesetzt wird.
5. Ganzheitlich planen, mit einem MVP starten
Zu Beginn sollte eine Vision definiert und eine entsprechende Strategie mit zeitlichem Horizont formuliert werden, die von allen beteiligten Stakeholdern unterstützt wird. Nachdem im weiteren Schritt die Kernelemente der zukünftigen Lösung definiert, dokumentiert und priorisiert wurden, ist es ratsam den Umfang (Scope) zu bestimmen. Die Komplexität von FSM-Projekten wird oftmals unterschätzt. Die herstellenden Unternehmen suggerieren ein Bild, in dem auf Knopfdruck alle relevanten Systeme an die mobilen Endgeräte „angeschlossen“ werden. Dies entspricht in vielen Fällen nicht der Realität. Projektteams stehen häufig vor technischen Herausforderungen, wie zum Beispiel der Multi-Backend-Integration oder dem Multi-Device-Support in einer historisch „gewachsenen“ IT-Systemlandschaft. Dies sollten Unternehmen und Projektteams bei der Zeit- und Kostenkalkulation des Projekts unbedingt berücksichtigen. Wir empfehlen, sich der finalen Lösung daher unbedingt in kleinen, für die Organisation „verdaubaren“ Schritten zu nähern, deren Erfolge zudem noch motivierend wirken. Der Ansatz eines Minimal Viable Product (MVP) hat sich besonders bei Implementierungen von Dynamics 365 for Field Service bewährt. Ein MVP ist die erste, funktionsfähige Iteration eines Produkts, welches so weit entwickelt wird, dass es mit möglichst überschaubarem Aufwand den dringendsten Bedarf der Hauptanwendenden erfüllt und somit relevantes Feedback für die nachfolgenden Entwicklungsschritte ermöglicht. Dabei ist zu überlegen, mit welchen Bausteinen der Lösungsplattform schnelle Erfolge und Mehrwerte für Anwendende sowie für Kundinnen und Kunden erzielt werden können. Nach Bereitstellung der ersten umgesetzten Bausteine können die Anwendenden früh positive Erfahrungen mit der Lösung sammeln. Dieses Vorgehen führt in der Regel zu einem frühen Mittragen der Lösung und Unterstützung für das Projekt.
Fazit
In Implementierungsprojekten wird häufig das große Ganze übersehen und nicht über den Tellerrand (projektspezifische Wissensbereiche) hinausgeblickt. Gründe dafür sind häufig hoher Termindruck, fehlende interdisziplinäre Kompetenzen, nicht budgetäre Berücksichtigung oder eine suboptimale Planung der Analysephase. Darüber hinaus denken Projektteams zu oft in Funktionen und Features und vergessen dabei jedoch die zu implementierenden Prozesse als Teil der gesamten Wertschöpfungskette zu betrachten und darin einzuordnen. Es fehlt das Verständnis und vor allem die Methodik, um die Kundenerlebnisse in das Lösungsdesign bei einer Dynamics 365 Field Service Implementierung zu integrieren. Werden die oben beschriebenen fünf Punkte bereits in der Planungsphase eines Projektes berücksichtigt, erhöht dies meiner Erfahrung nach die Wahrscheinlichkeit für einen nachhaltigen Projekterfolg erheblich.