16. Februar 2021 von Karsten Tinnefeld
Mit Wiki, Verve und E-Learning zum integrierten Managementsystem – Teil 2
Compliance durch Audit und Fortbildung
Moderne Managementsysteme bilden vielfältige Anforderungen an die Unternehmensführung ab. Eine Integration der Managementsysteme hilft, Abhängigkeiten zu steuern und Kosten zu senken. Diese Blog-Serie erklärt, vor welchen Herausforderungen Verantwortliche von Managementsystemen heute stehen und wie Werkzeuge und Methoden helfen, diese zu bewältigen. Im zweiten Teil geht es um die Überwachung und Anleitung des eigenen Unternehmens in Hinblick auf eine konstruktive und zukunftsgerichtete Zusammenarbeit.
Was bisher geschah
Im ersten Teil meiner Blog-Serie „Das Wiki als Integrationsplattform nutzen“ habe ich mit euch den Nutzen der Integration für ein Beratungsunternehmen im IT-Umfeld betrachtet sowie die Möglichkeiten eines Wiki-Systems als gemeinsame Dokumentationsplattform. Dies kann helfen, die Konkurrenz der Managementparadigmen zu einem gemeinsamen Ziel zu verbinden und Themen und Menschen dahinter zu versammeln. Die wikibasierte Dokumentationsplattform bietet das richtige Handwerkzeug für alle wichtigen Arten dokumentierter Information und darüber hinausgehende Chancen, die „schwere“ Themen – etwa Prozessdokumentation und Nachverfolgbarkeit – erleichtern. Sie können sogar als wichtiger Kanal im Rahmen des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses genutzt werden. Wie wir gesehen haben, kann der Aufgabenbericht als Index zu Maßnahmenlisten, beispielsweise aus dem Managementreview oder internen Audits, noch nicht abgeschlossene Aufgaben zusammenstellen und dabei Fälligkeitsdatum, Bearbeiter und Quelle gleich mitdokumentieren.
Audit als Dialog verstehen
Interne Audits sollen ein Schwerpunkt dieses Beitrags sein. Neben der „Übersetzung“ der Norm in die Sprache und Gepflogenheiten des Unternehmens stellt die Sicherstellung der Umsetzung die zweite große Aufgabe jedes Managementbeauftragten und jedes Managementsystemteams dar. Dabei verbietet sich die Vorstellung einer besserwisserischen Prüfung durch eine „fremde Überwachungsabteilung“ in jeder partnerschaftlichen Unternehmenskultur von selbst. Mit der ISO 19011 gibt die ISO eine umfangreiche Anleitung, wie es besser geht: mit qualifizierten, fachkundigen und empathischen Menschen, die auf Augenhöhe mit ihren Klienten umgehen.
Das richtige Skillset
Fachkunde bedeutet dabei nicht, in jeder Abteilung mitreden zu können, gar die Experten vor Ort über die Inhalte ihrer Arbeit belehren zu können. Was Auditorin und Auditor mitbringen, ist jedoch der wohlwollend neutrale Blick und das methodische Vorgehen. Wichtig ist dabei, dass die aktuellen Themen und Herausforderungen des Umfelds grob verstanden werden, so dass ein beidseitiger Lernprozess möglich ist. Schließlich tragen Prozesseigner bereits die Verantwortung für die Personen, die in ihren Prozessen arbeiten. Ein gutes Audit nimmt diese Rolle ernst. Dabei spielt die richtige Vorbereitung des Auditteams die Hauptrolle.
Gut vorbereitet ist halb erledigt
Was aber ist die richtige Vorbereitung? Ein Pluspunkt an einem wikibasierten Dokumentationssystem ist, dass die formale Dokumentenprüfung kürzer ausfallen kann. Das Tooling verhindert weitgehend technische Inkonsistenzen. Tatsächlich ist die Bestandsdokumentation die Grundlage, um den voraussichtlichen Tätigkeitsbereich der Ansprechpartner zu ermitteln und auf der Basis die Normanforderungen im erwarteten Kontext zu erheben. Die inhaltliche Prüfung auf Unstimmigkeiten und mutmaßliche Abweichungen kann nicht entfallen. Letztere sind jedoch immer nur Thesen, die im Auditgespräch selbst betrachtet werden müssen. Grundsätzlich relevant sind dabei die unmittelbaren Dokumente des Arbeitsbereichs, die übergeordneten Dokumente und die benachbarten Arbeitsbereiche: stimmt die Ausrichtung der Arbeiten mit der Unternehmenspolitik überein? Welche Qualitätsziele haben Auswirkungen auf den Bereich? Wenn ein Umweltmanagement etabliert wurde, stellen sich beispielsweise folgende Fragen:
- Gibt es bindende Verpflichtungen, die im Bereich relevant sind?
- Stimmen die Schnittstellen in Art, Inhalt und Wertigkeit mit dem überein, was die Prozesseigner der Nachbarprozesse dokumentiert oder in ihrem letzten Audit berichtet haben?
Präsent, aufmerksam, zielgerichtet
Es gibt so viele allgemeine Leitfäden für die Gesprächsführung, dass hier eine Diskussion eher störend wäre. In der Quintessenz sollte vom Gesprächsumfeld über das Timing bis zum Auftreten alles wohlbedacht vorbereitet sein. Zudem kann die Erwartungshaltung der Gesprächspartner stark variieren. Besser ist es, wenn man eher einmal zu viel als einmal zu wenig erklärt, dass Audits weder zur Leistungsüberwachung noch zur Kontrolle durch Vorgesetzte dienen dürfen und in allen erforderlichen Bereichen die Vertraulichkeit strikt gewahrt wird.
Ansonsten besteht ein großer Teil der Auditarbeit darin, zuzuhören. Ist der Ansprechpartner tatsächlich im genannten Bereich tätig? Wie sieht sein aktuelles Tätigkeitsfeld aus? Für welche Aufgabengebiete und Abläufe trägt er Verantwortung? Die Fragen hören sich trivial an, sind aber enorm wichtig, um den Fehler zu vermeiden, möglicherweise veraltete Informationen einfach fortzuschreiben. Und selbst in der eigenen Organisation erlebt man interessante Überraschungen, da ist aus einer einmaligen Kooperation ein neues Geschäftsfeld entstanden oder das Supportteam hat sich zur internen Veranstaltungsagentur gewandelt.
Geeignet fokussieren
Ein Leitfaden zur Gesprächsführung ergibt sich dabei oft aus den jeweiligen zu auditierenden Managementnormen. So legt die Qualitätsmanagementnorm ISO 9001 großen Wert auf die Prozesse, die den betrachteten Abläufen zugrunde liegen und fordert klare Festlegungen für ihre Querschnittsaspekte, die als Schildkrötenmodell in die Literatur eingegangen sind. Dabei ist es von zentraler Bedeutung, welche Anforderungen der Prozess erfüllt und welchen Zielen er dient. Ergänzend kann man fragen: Werden geeignete Werkzeuge und Methoden eingesetzt? Gibt es genug Personal, um die Aufgaben zu erledigen? Wie stellt man fest, ob eine Aufgabe erfolgreich abgewickelt wurde – und wurde das auch ausgewertet? Welche Risiken bestehen und wie geht man damit um? All diese Fragen sind relevant und können im Stil eines interessierten Fachdialogs gestellt werden, ohne dass der Ansprechpartner die Sprache der Norm lernen muss. Genauso fragt beispielsweise ein Umweltmanagementaudit nach eingegangenen Verpflichtungen und den Möglichkeiten der Einflussnahme.
Worüber man sprechen muss, muss sofort besprochen werden.
Ist das Umfeld geklärt, kann man in die Tiefe gehen. Hier kann man in den vorbereiteten Bereichen sowie in den gegebenenfalls neu gelernten in die Prüfung einsteigen und die Dokumentation mit der gelebten Praxis sowie die Anforderungen aus Norm, Kontext oder eigenem Anspruch gegen die Wirklichkeit abgleichen. Dabei geht es grundsätzlich niemals darum, Schuldige zu suchen, sondern Verbesserungspotenziale auszumachen und dabei zu helfen, diese zu bewerten. Hier gilt es, freundlich im Ton, aber auch klar in der Sache zu sein. Klar benannte Abweichungen, Schmerzpunkte oder Empfehlungen ermöglichen es dem Gegenüber zu antworten, eventuelle Missverständnisse auszuräumen oder eventuell vorhandene Fehleinschätzungen zu reflektieren.
Im internen Audit ist zudem etwas möglich, das bei der externen Bewertung strikt genommen als Fauxpas gilt: unmittelbar in der Situation Empfehlungen auszusprechen oder gemeinsam ein zum Umfeld passendes Vorgehen zu beraten.
Geeignet gerüstet ins Audit
Damit man im richtigen Moment aufmerksam und hellhörig reagieren kann, hat es sich als nützlich erwiesen, in Auditsituationen zu zweit aufzutreten. Auf diese Weise lassen sich die Gesprächsführung und Mitschrift, das Stellen von Fragen, das Gegenlesen von Aufzeichnungen und unerwartet angetroffene Dokumente leichter unter einen Hut bringen. Und natürlich bringt das Dokumentationswiki das Handwerkszeug mit, um die Agenda, Beteiligte, Gesprächsinhalte, formale Feststellungen und Handlungspunkte strukturiert zu protokollieren.
Beratung und Unterstützung bleibt auch innerhalb der Organisation ein Spannungsfeld, wenn man als Auditteam unabhängig auftreten und sich nicht von vornherein dem Verdacht aussetzen möchte, sein „eigenes Baby“ schon passend gesund zu prüfen. Im integrierten Managementsystem gibt es hier zwei Hebel: das Kreuzaudit der verschiedenen Managementsysteme untereinander und das Auslagern von „Standardunterstützungsarbeit“ – beispielsweise zur Prozessdokumentation in einer Schulung.
Digitales Lernsystem
Für viele Menschen in unseren Organisationen, die sich nicht jeden Tag mit dem Erreichen und Aufrechterhalten von Compliance-Anforderungen beschäftigen, sind viele Bestandteile der Managementsysteme weit von der täglichen Arbeitswirklichkeit entfernt. Die an einem Tag gefällten Entscheidungen tragen oft nicht unmittelbar zur Zielerreichung bei. Zudem sind sie auch nicht unmittelbar in ihren Auswirkungen auf das große Ganze messbar. Die eine oder andere in guter Absicht formulierte Leitlinie oder Vorgabe wird als Einschränkung in der Handlungsfreiheit begriffen. Das macht das Vermitteln der Inhalte von Managementsystemen oftmals zu einer ungern erfüllten Aufgabe. Gleichzeitig ist klar, dass quasi jede bisher diskutierte Norm mit gutem Grund fordert, dass ihre Implementierung in der Unternehmung von allen Beteiligten verstanden wird. Bei großen, sich dynamisch verändernden Organisationen ist schon die Komponente „von allen Beteiligten“ eine nicht triviale Aufgabe. Schließlich stellt bereits die Nachweisführung einer erstmaligen sowie regelmäßigen Schulungsteilnahme den Arbeitgeber beziehungsweise Auftraggeber vor dokumentarische Herausforderungen.
Der digitale Weg
Ein digitales Lernsystem kann nicht nur das Problem der Nachweisführung lösen, sondern bietet darüber hinaus noch weitere Möglichkeiten in der Schulungsvorbereitung, ‑organisation, ‑durchführung und ‑nachbereitung. So kann ein solches System nicht nur bei der Aufbereitung von Schulungskatalogen mitsamt Auswahl, Anmeldung und das Ressourcenmanagement unterstützen, sondern auch Nachmeldungen und späte Abmeldungen managen und nach Schulungsteilnahme das Feedback aller Beteiligten einsammeln und aufbereiten.
Multi-Channel bietet Mehrwert
Neben dem weiterhin wertvollen Face-to-face-Kontakt in Präsenzangeboten, ist der große Trend der vergangenen Jahre das selbstgesteuerte Lernen mit Hilfe von Online-Schulungen. Web-Tutorials haben es vorgemacht und Video-Education-Plattformen haben es massentauglich bewiesen: Lernen ist in vielen Bereichen digital geworden, schon bevor die aktuellen Umstände das Treffen in großen Gruppen verhindert und das Reisen stark erschwert haben. Integriert in ein Lernsystem werden sie unternehmenstauglich. Hier lassen sich Teilnahmeempfehlungen, Anmeldeworkflows und Pflichtveranstaltungen managen. Onlinetests – von Multiple-Choice über Puzzles bis zur außerhalb des Systems bewerteten Aufgaben – können integriert werden. Zudem ist ein unmittelbares Testfeedback möglich. Für formale Nachweise ist es darüber hinaus ausreichend, Prüfling und Prüfsystem in eine abgesicherte Umgebung zu bringen.
Stufenweise zum richtigen Skillset
Für die Planung von Schulungen im Umfeld von Managementsystemen ist die Onlineschulung eine gute Wahl, denn sie erfüllt am besten folgende Anforderungen:
- für neue Mitarbeitende kurzfristig und skalierbar zur Verfügung zu stehen,
- dauerhaft zu Auffrischungszwecken bereit zu stehen.
Gleichzeitig lassen sich mit entsprechenden Varianten zielgruppenabhängige, aber in ihrem Gesamtumfang fest bestimmte Schulungen variabel aufbauen und schnell auf die Organisation ausrollen. So kann eine Basisschulung für alle Mitglieder einer Organisation einen Rundumschlag über das ganze System wagen und allen Interessenten gleich die Links in die relevante und vertiefende Dokumentation zur Verfügung stellen. Wenn an entscheidenden Stellen bestimmte Hinweise – etwa „Dieses Dokument muss jeder gelesen haben!“ – platziert werden und die dort hinterlegten Informationen gut strukturiert und nutzbringend aufbereitet sind, transportiert dies hoffentlich den geeigneten Kick, beim nächsten Mal selbständig wiederzukommen und weiterzulesen. Experimente mit Gamification-Ansätzen haben zudem gezeigt, dass dieser spielerische Ansatz insbesondere geeignet ist, um Aufmerksamkeit zu schaffen und zum Abschluss von angefangenen Schulungen oder zur regelmäßigen Wiederaufnahme von Auffrischungen zu motivieren.
Kleine, feste Schritte setzen
Gerade im Umfeld der Pflichtteilnahme an Compliance-Schulungen ist ein planbarer und überschaubarer Zeithorizont geboten. Daher empfiehlt es sich hier, einzelne Managementsysteme separat zu schulen, während auf den Verbund auf immer gleiche Weise hingewiesen wird. Für Poweruser – im Qualitätsmanagementumfeld beispielsweise Prozesseigner oder im Umweltmanagementbereich Standortleiter und Travelmanager – lassen sich aufbauende Informationen transportieren. Da hier die persönliche Betroffenheit und der Bedarf nach zusätzlichen Informationen ungleich größer sind, lassen sich mehr Lernfelder aufnehmen. Zudem können weitere Elemente mit weniger unmittelbarer Rückmeldung, etwa Dokumentationsübungen, in einer dafür eingerichteten „Spielwiese“ und in Onlineforen für weiterführende Fragen aufgenommen werden.
Integrierte Zukunft
Die Zukunft der Managementsysteme ist digital und integriert. Mit dem geeigneten Werkzeug bleiben sie aber handhabbar und persönlich. Unsere Expertinnen und Experten bei adesso verfügen über Erfahrungen in der übergreifenden und elektronischen Aufbereitung von dokumentierten Informationen in internen Prüf- und Reviewprozessen und bei der Aufbereitung und Weitergabe von Wissen und Erfahrung. In diesem Kontext haben wir Ideen entwickelt, wie ein interdisziplinäres Managementteam im Digitalunternehmen seine Arbeit effizient und zum Nutzen des ganzen Unternehmens organisieren kann. Die Punkte Wiki, Verve und E-Learning sind dabei Bestandteile, die ein qualifiziertes und engagiertes Managementsystemteam unterstützen und voranbringen kann.
Ihr möchtet gern mehr zu spannenden Themen aus der adesso-Welt erfahren? Dann werft doch auch einen Blick in unsere bisher erschienenen Blog-Beiträge.
Weitere Teile dieser Blog-Serie:
Mit Wiki, Verve und E-Learning zum integrierten Managementsystem – Teil 1