Im Auto Platz nehmen und den Blick über das noch ungewohnte Cockpit schweifen lassen. Und falls ein Bedienelement nicht sofort klar ist oder eine Funktion nicht direkt gefunden wird: einfach Ask Mercedes fragen. Wo bisher das Blättern in Betriebsanleitungen, Handbüchern oder Kurzanleitungen die Regel war, erweitert Daimler die Kommunikation um weitere digitale Kanäle. Die Anwendung „ Ask Mercedes“ sorgt dafür, dass sich jeder Nutzer schnell im Fahrzeug zurechtfindet . Angesprochen wird die virtuelle Helferin mit der Stimme, mithilfe der Smartphone-Tastatur oder -Kamera. Im Hintergrund sorgt dann ein System aus Künstlicher Intelligenz (K I) und Augmented Reality (AR) dafür, dass auch ein modernes Auto mit unzähligen Funktionen, Einstellungsmöglichkeiten und Assistenzsystemen im Handumdrehen verständlich wird.
Künstliche Intelligenz trifft auf Persönlichkeit
Augmented-Reality- und Chatbot-Projekt „Ask Mercedes“
Kein blättern in Betriebsanleitungen mehr erforderlich
Mehr Funktionen, trotzdem weniger Komplexität
Ask Mercedes ist aber nur eine Ausprägung eines neuen Konzeptes, mit dem Daimler seine Kunden auf bisher ungekannte Art erreichen und unterstützen will. Über einen „intelligenten“ Informations-Hub werden weitere Chatbot-Anwendungen und Inhalte koordiniert.
Entstanden ist die Idee für diese Chatbot-Anwendung während des Digital Life Day 2016. Das Daimler-eigene Format dient dem Aufspüren von Trends und digitalen Themen. Bei dieser Mischung aus Ideenbörse und Workshop werden Mitarbeiter dazu aufgefordert, ihre Ideen einzureichen und vorzustellen. Im Chatbot-Konzept erkannten die Beteiligten einen zeitgemäßen Weg, Kundinnen und Kunden den Umgang mit Fahrzeugen zu erleichtern. Fahrzeugen, die immer mehr Funktionen bieten und so auch immer komplexer werden.
Im Anschluss an den Digital Life Day ging es ganz schnell: Um die Funktionsfähigkeit und die Akzeptanz des Chatbots zu testen, wurde ein sogenanntes Minium Viable Product (MVP) entwickelt. Dieser aus der Lean-Startup-Bewegung stammende Ansatz hilft Unternehmen dabei, die Erfolgsaussichten eines Produktes oder Services besser einschätzen zu können. Und zwar nicht durch Befragungen, sondern durch die Rückmeldungen von Anwenderinnen und Anwendern, die frühe Versionen einer Neuentwicklung nutzen und deren Feedback in die nächste, erweiterte und verbesserte Version einfließt.
Am Ende der MVP-Phase stand für die Beteiligten fest: Chatbots können dafür sorgen, dass Mercedes-Benz-Kunden ihr Fahrzeug auf ganz neue Art kennenlernen und erleben. Die Experten ergänzten das Konzept dann um einen weiteren Zukunftstrend: Augmented Reality. Auf diesen beiden Säulen sind die Funktionen von Ask Mercedes aufgebaut.
Daimler positioniert Ask Mercedes genau an einem Pain Point der Kundinnen und Kunden. Die Funktionsvielfalt der Fahrzeuge und des ergänzenden Serviceangebotes nimmt stetig zu. Deshalb wird es immer wichtiger, in einem engen Dialog mit den Kunden zu stehen. Das Unternehmen will ihnen jederzeit und überall die Möglichkeit geben, sich zu informieren und Antworten auf offene Fragen zu erhalten. Für die Nutzerinnen und Nutzer sollen die ersten Schritte mit ihrem Fahrzeug so einfach und interessant wie möglich sein. So sind neben der ausführlichen Betriebsanleitung weitere Kurzanleitungen oder Erklärvideos auf der Website verfügbar. Ask Mercedes löst die bisherigen Informationsmöglichkeiten nicht ab, sondern bietet dem Fahrenden eine weitere Möglichkeit, sein Fahrzeug kennenzulernen. Die Anwendung ergänzt die Kundenkommunikation um eine neue, interaktive Option. Einerseits bringt Ask Mercedes die Fähigkeit mit, Fragen, die der Kunde in natürlicher Sprache spricht oder eintippt, zu verstehen und zu beantworten. Andererseits bietet eine integrierte Kamerafunktion dem Fahrenden die Möglichkeit, Bedienelemente zu scannen und sich auf dem Display seines Smartphones passende Erläuterungen einblenden zu lassen. Natural Language Understanding und Augmented Reality sind die Technologien dahinter.
Das Suchen in vorgegebenen Strukturen wie alphabetisch sortierten Registern entfällt. Stattdessen stellt Ask Mercedes die Anforderungen des Kunden und seine Situation konsequent in den Mittelpunkt. Er bekommt genau die Informationen, die er konkret im Moment braucht – und das auch noch informativ und charmant.
Kurze Wege führen zum Ziel
Nach dem erfolgreichen Abschluss der MVP-Phase stand fest: So ein Projekt lässt sich nur mit einem erfahrenen Partner an Bord umsetzen. In einem umfangreichen Auswahlprozess setzten sich die Experten von adesso durch. Die Verantwortlichen bei Daimler überzeugten die Erfahrungen und das Know-how der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei dem Thema Chatbot und darüber hinaus die produkt- und herstellerunabhängige Positionierung von adesso.
Denn von Anfang an war den Beteiligten klar: Ask Mercedes mit dem Herzstück der Betriebsanleitung ist nur ein Anwendungsfall. So lassen sich Chatbot-Funktionen auch in anderen Unternehmensbereichen wie beispielsweise dem Customer Contact Center, dem Kundensupport von Daimler, sinnvoll einsetzen. „Gemeinsam mit Daimler entwickeln wir einen ‚intelligenten‘ Informations-Hub, der im Zentrum aller Chatbot-Anwendungen steht“, erläutert Stefan Hussmann, Leiter Line of Business Automotive & Transportation, adesso SE. „Der Hub ist dabei Content-Bibliothek und Informationsdrehscheibe. Unterschiedliche Fachabteilungen spielen ihre Inhalte hier ein, die Chatbots ziehen sich die Informationen raus und präsentieren sie dem Anwender.“
Diese IT-Plattform sollte nicht von einem Anbieter abhängig sein. Denn in einem technologischen Umfeld, in dem vieles noch im Fluss ist und in dem immer wieder neue Technologien mit neuen Möglichkeiten auftauchen, wollten sich die Projektbeteiligten alle Möglichkeiten offen halten, auf neue Entwicklungen oder Trends reagieren zu können. Realisiert wurde dieser herstellerunabhängige IT-Ansatz durch den Aufbau einer passenden Middleware.
Im April 2017 machten sich Daimler und adesso daran, diese Infrastruktur zu entwickeln. Nur sieben Monate später veröffentlichten sie die erste iOS-Version einer App. In diesem kurzen Zeitraum schufen sie gemeinsam die technischen Grundlagen, entwickelten die Anwendung und koordinierten den Prozess der Content-Erstellung.
„Ohne agiles Vorgehen im Projekt ist es nicht möglich, so schnell liefern zu können“, so Stefan Hussmann. „Wir setzten dabei auf ein Modell, das wir ‚Gezähmte Agilität‘ nennen. Das erlaubt es uns, kurze Entwicklungszyklen und flexibles Vorgehen mit den Anforderungen eines Unternehmens wie Daimler an Sicherheit und Planbarkeit zu kombinieren.“ Die ersten Wochen verbrachten die Beteiligten damit, Anforderungen zu erarbeiten, Fragen zur Architektur zu beantworten und Themen wie Performance zu klären. Als die Grundlagen dann einmal standen, ging es Sprint für Sprint an die Entwicklung.
Für den Start von Ask Mercedes wählten die Experten von Daimler und adesso IBM Watson als KI-Basis und setzten beim Thema AR auf Komponenten von Vuforia. Aber diese Technik ist nur ein Aspekt von Ask Mercedes. Das Team stand vor der Aufgabe, einer künstlichen Intelligenz Persönlichkeit zu geben.
Chatbot mit Charme
Ask Mercedes ist nicht nur ein reines Informationssystem. Die Interaktion mit der App – sei es das gesprochene oder geschriebene Wort – soll sich natürlich anfühlen. So soll der Anwender vergessen, dass hinter den Antworten kein Mensch steckt, sondern ein Chatbot.
Die Idee ist, dass nicht einfach Passagen aus dem Handbuch abgebildet werden, die ungefähr passen könnten. Es soll sich ein kompetenter Chatbot mit einem Fahrer über sein Auto unterhalten.
Dass Ask Mercedes so rüberkommt, ist der Liebe zum Detail zu verdanken, die das Team bei der Entwicklung der Chatbot-Persönlichkeit „Mercedes“ an den Tag legte.
Das Team entwarf erst ein vollständiges Persönlichkeitsprofil. Dann galt es, den Chatbot mit Fakten rund um das Auto zu füttern und die richtigen Antworten auf die wichtigsten Fragen zu finden. Dazu trugen alle beteiligten Abteilungen Informationen zusammen, die das Team dann App-kompatibel aufbereitete. Gleichzeitig sammelten die Beteiligten initial über 6.000 Rückmeldungen von Kunden und analysierten über den Zeitraum von knapp einem Jahr Anfragen an das Daimler Customer Contact Center. So bekam das Team einen detaillierten Einblick in das Informationsbedürfnis von Kundinnen und Kunden.
Parallel dazu machten sich die Beteiligten daran, das Persönlichkeitsprofil mit Leben zu füllen. Denn in der Art und Weise, wie Ask Mercedes Fragen beantwortet – mal mit einem Augenzwinkern versehen, mal mit einem frechen Spruch – soll immer auch ihre besondere Persönlichkeit durchschimmern. „Nach den ersten technischen Fragen fangen viele Anwenderinnen und Anwender an, der App ein wenig auf den Zahn zu fühlen“, weiß Stefan Hussmann zu berichten. „Wir wollten ein System entwickeln, das nicht nur Informationen liefert, sondern auch einfach Spaß macht und Kundinnen und Kunden ermutigt, in den Dialog zu treten.“ adesso engagierte im Rahmen der sogenannten Conversational-User-Experience-Konzeption Drehbuchautoren, um hier möglichst kreative und überraschende Antworten für Ask Mercedes zu finden. Kleiner Tipp: die Frage nach den Lottozahlen.
Keiner weiß genau, wohin die KI-Reise geht
Seit Ende 2017 ist Ask Mercedes in den ersten Märkten Indien, Malaysia, Südafrika und mit einer lokalisierten Version in den USA verfügbar. Australien, Neuseeland und Hong Kong folgten Mitte April. Weitere Länder, neue Modellreihen – bisher ist die App für S-, E-, A- und C-Klasse ausgelegt – sowie weitere Sprachen und Funktionen sollen sukzessive ergänzt werden. Zusätzlich werden die Funktionen des Systems in Zukunft auch über weitere Kanäle angeboten. Als nächstes soll Ask Mercedes in das Ökosystem des Facebook Messengers eingebunden werden, die Integration der Inhalte in die Sprachassistenten Google Home und Amazon Alexa folgen. Ziel ist es, dem Anwender jederzeit und überall die Möglichkeit zu bieten, mit seinem Fahrzeug in Kontakt zu bleiben. Gerade wenn es um das Erweitern von Ask Mercedes geht, zeigen sich die Vorteile der gewählten IT-Infrastruktur mit einer flexiblen Middleware: Die Experten können neue Funktionen schnell und einfach während des laufenden Betriebes integrieren.
Bereits jetzt gibt es mehrere Chatbots, die rund um den „intelligenten“ Informations-Hub ihre Dienste tun. Neben dem schon erwähnten Customer Contact Center laufen Projekte mit Bereichen wie CASE, smart oder VAN. So wird die Plattform schrittweise um weitere Themenbereiche erweitert.
Damit das Team das System wie skizziert erweitern kann, muss es nun die organisatorischen und strukturellen Vor- aussetzungen für eine langfristig tragfähige Aufstellung schaffen. Denn während der Fokus der ersten Projekt- monate auf Schnelligkeit und Agilität lag, geht es nun darum, stabile Prozesse aufzubauen und Arbeitsabläufe zu standardisieren. Gemeinsam arbeiten alle Beteiligten jetzt an einer Organisation, die es ermöglicht, die Themen Chatbot und Augmented Reality weiter auszubauen.
Ask Mercedes zeigt: Diese neuen Technologien bieten die Möglichkeit, weiter zu denken – um beispielsweise die Kommunikation mit Kunden interaktiv zu gestalten. Was es dafür braucht, ist eine IT-Struktur, die flexibel jede Entwicklung mitmacht. Und natürlich ein Team, das diese Wege sehen und auch gehen will.
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